Der Totentanz in der St. Petrikirche zu Wolgast

Denkmal des Monats Mai 2011

Detailaufnahme von vier eingebauten Gemälden vor der Nordwand der KircheDetails anzeigen
Detailaufnahme von vier eingebauten Gemälden vor der Nordwand der Kirche

Abb. 1: Detailaufnahme von vier eingebauten Gemälden vor der Nordwand der Kirche

Abb. 1: Detailaufnahme von vier eingebauten Gemälden vor der Nordwand der Kirche

Die Wolgaster St. Petrikirche beherbergt in ihren Mauern nicht nur die bedeutende Grablege der pommerschen Herzöge mit den im vergangenen Jahrzehnt so aufwändig restaurierten Zinnsarkophagen, sondern auch ein in unserem Bundesland einmaliges Zeugnis einer umfangreichen, fast vollständig erhaltenen Totentanzdarstellung.

Totentanzdarstellungen erscheinen unter dem Eindruck der großen europäischen Pestpandemie, die Mitte des 14. Jahrhunderts fast ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahinraffte, in der kirchlichen Kunst seit dem Ende des 14. Jahrhunderts und erhalten sich bis ins 18. Jahrhundert hinein. Bedeutende Beispiele sind die Totentänze von Paris (1424), Basel (1440) und Lübeck (1463).

Die ursprünglich 25 Holztafelbilder wurden 1700 für die Wolgaster Gertrudenkapelle gestiftet und zierten einst die Brüstung der in der Mitte des 19. Jahrhunderts abgebrochenen Empore dieser Friedhofskapelle. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Tafeln in die Petrikirche verbracht und dort, wie die Akten belegen, gegen den Widerstand der zuständigen Denkmalbehörden, welche eine Rückführung in die Gertrudenkapelle als sinnvoll erachteten, letztlich um 1930 – eingebaut in aufwändig gestaltete Gestühlsrückwände – zum festen Bestandteil der Ausstattung.

Den großen Brand im Jahr 1920, bei dem nicht nur das gesamte Tragwerk des Turms, das gesamte Mittelschiffdach und der größte Teil der Seitenschiffdächer, sondern auch große Teile der hölzernen Ausstattung vernichtet wurden, überstanden die Tafeln zum Glück ohne Schaden, weil sie noch nicht fest eingebaut waren und so rechtzeitig aus der Kirche gebracht werden konnten, wobei allerdings eine der Tafeln abhanden kam.

Signiert sind sie auf einer Tafel mit "Caspar Siegmund Köppe pinxit 1700" und zwar bezeichnenderweise auf dem Bild mit dem Begleittext "Den Bürger kein Handel noch Werk / Vom Tode retten kann, das merk". Wie diesem Bild sind auch allen anderen Bildern solche kleinen Reime zugeordnet, welche die einzelnen Szenen treffend beschreiben. C. S. Köppe war nicht nur Maler, sondern auch ein Wolgaster Reeder und vielleicht sogar der Stifter dieser Bildreihe. Dargestellt sind farbige Umsetzungen der bekannten Holzschnittserie von Hans Holbein dem Jüngeren. Die Umsetzung ist dabei ziemlich frei, so dass einzelne Szenen meist mehr Figuren enthalten als das Original und zum Teil auch zwei Holbein’sche Szenen zu einem Bild zusammengesetzt worden sind.

In seiner jetzigen Anordnung beginnt der Zyklus an der Südwand mit Adam und Eva vor und nach dem Sündenfall und endet im Westteil der Nordwand mit dem Jüngsten Gericht. 18 Tafeln sind fest mit dem seitlichen Gestühl verbunden, sechs sind frei hängend direkt an den Wänden befestigt (Abb. 1).

Die Tafel mit dem Spruch "Auch würgt der Tod die Kindlein klein, nicht achtend, das die Mutter weint" wurde bereits im Jahr 1981 umfassend restauriert, weil aufgrund von massivem Anobien- und Pilzbefall in diesem Fall der hölzerne Träger so stark geschädigt war, dass er abgetragen und die Malschicht mit einem dünnen Rest des originalen Trägermaterials auf eine neue Holzplatte kaschiert werden musste. Der Zustand der anderen Tafeln war vor der Restaurierung geprägt von einer starken Verschmutzung, einer Vergilbung des Überzugs und Malschichtlockerungen mit partiellen Fehlstellen. An fast allen Gemälden hatten sich die Brettfugen gelöst. Durch die direkt aufgenagelten profilierten Rahmenleisten und partiell rückseitig über die einzelnen Bretter genagelte Hölzer wurde das Gefüge jedoch zusammengehalten und es kam zu keinen größeren Verlusten. Trotz dieser die Bewegung des Holzes behindernden Maßnahmen waren allerdings keine Risse im Gefüge aufgetreten, was auf ein relativ konstantes Klima hindeutet.

Ziel der laufenden Restaurierungsmaßnahmen sind – neben den konservatorischen Arbeiten der Malschichtsicherung – eine Bildreinigung sowie Kittungen und Retuschen kleinerer Fehlstellen, ein erneutes Verleimen des Brettgefüges und eine reversible Befestigung innerhalb der Schauwände, wobei eine freie Beweglichkeit der Tafeln und eine gute Demontierbarkeit im Notfall gewährleistet werden soll. Die sechs frei hängenden Gemälde erhalten unter Wiederverwendung der profilierten Rahmenleisten einen Bilderrahmen mit Falz, in dem sie sich nun wieder frei bewegen können (Abb. 2). Die Tafeln in den Schauwänden dagegen werden rückseitig auf Winkelstützen gelagert und die Rahmenprofile müssen direkt mit der Schauwand verbunden werden, weil aufgrund der Konstruktion hier kein Platz für die Befestigung einer Rahmenkonstruktion vorhanden ist. Diskutiert wird weiterhin eine verbesserte Lösung, welche die bis dahin an einfachen Haken hängenden Gemälde besser in den Gesamtzyklus integrieren könnte. Hier entschied sich die Gemeinde letztlich für eine vereinfachte Fortsetzung der historischen Schauwände, ohne diese kopieren zu wollen. Dabei sollen jeweils drei Gemälde in einer, in ihren Ausmaßen den originalen Wänden ähnlichen, einfachen Platte, ohne jeglichen Zierrat integriert werden. Mit genügend Wandabstand wird diese in Fortsetzung der historischen Schauwände montiert werden. Die Farbigkeit muss gut mit den historischen Teilen abgestimmt sein, um eine überzeugende Stimmigkeit erreichen zu können.

Es bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung gelingt und ob die optische Wirkung dieser Wände im Gesamtkontext des Innenraums den Erwartungen entspricht.

Frank Hösel

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