Ein Kleinod der Stadtbaukunst - Der Alte Garten in Schwerin

Denkmal des Monats Dezember 2011

Landeshauptstadt Schwerin, Alter Garten, Blick nach NordwestenDetails anzeigen
Landeshauptstadt Schwerin, Alter Garten, Blick nach Nordwesten

Abb. 1: Landeshauptstadt Schwerin, Alter Garten, Blick nach Nordwesten

Abb. 1: Landeshauptstadt Schwerin, Alter Garten, Blick nach Nordwesten

Die Ansicht

, schreibt Jochen Meyer in seinem Nachwort zu dem Nachdruck von Albrecht Erich Brinckmanns Werk 'Platz und Monument',

dass Städtebau eine Kunst sei, erscheint am Anfang des gerade beginnenden 21. Jahrhunderts wie ein überholtes Relikt aus fernen Zeiten. So wie man heute von Architektur und nicht mehr von Baukunst spricht, redet man auch nicht mehr von Stadtbaukunst, sondern von Stadtplanung und Stadtentwicklung. Mit anderen Worten: man denkt dabei weniger an die Architektur der Stadt, als vielmehr an ihre Infrastruktur.*

Ein Ort, der zu Recht als Kleinod der Baukunst anzusprechen ist, ist der Alte Garten in Schwerin.

Seine überlieferte Gestalt erhielt dieser im unmittelbaren Vorfeld des Schlosses gelegene Platz im 19. Jahrhundert. Auf ihm entstanden monumentale Bauwerke, die für die Residenzstadt des Großherzogtums besonders wichtig waren und seine hervorragende Stellung innerhalb der Schweriner Platzanlagen hervorhoben (Abb. 1).

Den Anfang der neuen Platzumbauung machte das Kollegiengebäude an der Ecke zur Schlossstraße, welches der junge Georg Adolph Demmler entwarf und so Landbaumeister Carl Heinrich Wünsch den Auftrag für dessen Errichtung sicherte. Das 1834 fertiggestellte Gebäude diente als Sitz der Regierung und Archiv. Es ist eine Dreiflügelanlage mit mittlerem Säulenportikus, dem eine Freitreppe vorgelegt ist. Seitenflügel und Portikus schließen mit Dreieckgiebeln, die von Sandsteinplastiken bekrönt werden. Kolossalpilaster an den Giebelfronten der Seitenflügel greifen die vom Portikus vorgegebene Gliederung auf. Mit Hilfe des Formengutes, welches auch Karl Friedrich Schinkel für das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt in Berlin verwendete und in Anlehnung an dessen Staffelung und Strukturierung der Baumassen, gelang es, ein repräsentatives Bauwerk zu schaffen, das die Würde des Großherzogtums herausstellte und sein erstarktes Selbstbewusstsein nach der siegreichen Beendigung der Freiheitskriege unterstrich.

Ihm gegenüber, auf der anderen Seite der Schlossstraße, befindet sich das Alte Palais, ein Fachwerkbau von 1799, welches im Zuge der Platzneugestaltung zwar zum Abbruch vorgesehen war, jedoch die Zeiten überdauern konnte. 1837 nahm Großherzog Paul Friedrich, der nach längerer Abwesenheit der Herzöge und Großherzöge wieder in Schwerin residierte, hier seine Wohnung.

Schon als Thronfolger bemühte sich Paul Friedrich um den Bau eines Hoftheaters, das 1832–1836 auf der Nordseite des Alten Gartens, wiederum nach Plänen von G. A. Demmler, entstand. Der klassizistische Bau fiel jedoch 1882 einem Brand zum Opfer. Bis 1886 wurde an derselben Stelle das noch heute vorhandene Theater nach Plänen von Georg Daniel im Stil einer großen italienischen Renaissancevilla errichtet. Seine Platzfassade wird von einem Altan, über dem sich ein auf Säulen ruhender Dreieckgiebel erhebt, geprägt.

Säulen und ein Dreieckgiebel bestimmen auch das Bild des nordöstlich anschließenden Museumsgebäudes, das Hermann Willebrand plante und das 1882 fertiggestellt war. Dem Porticus des Hauses ist eine monumentale Freitreppe vorgelegt, an deren unterem Ende eine Rampe um das hier 1849 aufgestellte Bronzedenkmal für Großherzog Paul Friedrich herumführt. Das von Christian Daniel Rauch, dem bedeutendsten Bildhauer seiner Zeit geschaffene Denkmal entstand im Auftrag der Schweriner Bürger, die dem hoch verehrten Monarchen ein bleibendes Andenken bewahren wollten. Anlässlich des Gautages 1935 entfernt, kehrte es 2011 auf seinen ursprünglichen Standort zurück.

Auf der ihm gegenüberliegenden Seite des Platzes ragt die Siegessäule, ein Denkmal für die im Deutsch-Französischen Krieg getöteten Mecklenburger Soldaten empor, die ihren Rückhalt durch eine halbkreisförmig ausgeführte Pflanzung einer doppelten Lindenreihe erhält. Den unzweifelhaften baukünstlerischen Höhepunkt bildet jedoch das Schloss (Abb. 2).

Der Alte Garten war das administrative und kulturelle Zentrum der Residenz, was durch die Bauten für Regierung und Kultur zum Ausdruck kommt. Damit bildete der Platz auch den Mittelpunkt des politischen und künstlerischen Lebens. Seiner Struktur liegt die Idee des antiken Forums zugrunde. Zugleich bildet er das Scharnier zwischen Schlossareal und Stadt.

Sämtliche Gebäude und Denkmäler wurden mit der Wirkung in den Platzraum konzipiert, können aber auch außerhalb des Platzes wahrgenommen werden, denn der Platz verschließt sich nicht gegenüber seiner Umgebung. Vielmehr bezieht er diese in sein Wirkungsfeld ein und öffnet sich nach außen. Blickachsen, etwa auf die Seenlandschaft oder zum Schlossgarten und zum Ostorfer Berg belegen dies deutlich und sind sehr reizvoll. Die Einbeziehung der Seenlandschaft als baukünstlerisches Mittel für die städtebauliche Platzgestaltung ist in dieser Form einzigartig.

Bis heute konnte der Alte Garten seine Funktion als Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in Schwerin wahren. Angesichts der ihn umgebenden hervorragenden Architekturen, allen voran der des Schlosses, entwickelte er sich auch zu einem bevorzugten Standort für Großveranstaltungen (Abb. 3), die mitunter die städtebaulichen Bezüge des Platzes, Sichtachsen und die Wirkung der Gebäude selbst ignorieren und damit die visuelle Erlebbarkeit des städtebaulichen Kunstwerks stark beeinträchtigen. Das ärgert besonders die vielen Touristen, die dann mit einer Ansichtskarte von einem der baukünstlerisch bedeutendsten Plätze in Deutschland vorliebnehmen müssen.

Dirk Handorf


* Albrecht Erich Brinckmann, Platz und Monument. Untersuchungen zur Geschichte und Ästhetik der Stadtbaukunst in neuerer Zeit. – Nachdruck der ersten Auflage Berlin 1908. Mit einem Nachwort von Jochen Meyer, S. 177. Berlin 2000.

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