Fund des Monats März 2025

Der Siegelstempel des Ritters Heinrich von Preen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts

Abbildung 1: Schimm, Lkr. Nordwestmecklenburg, Siegelstempel des Heinrich Preen.Details anzeigen
Abbildung 1: Schimm, Lkr. Nordwestmecklenburg, Siegelstempel des Heinrich Preen.

Abbildung 1: Schimm, Lkr. Nordwestmecklenburg, Siegelstempel des Heinrich Preen.

Abbildung 1: Schimm, Lkr. Nordwestmecklenburg, Siegelstempel des Heinrich Preen.

Mittelalterliche Siegelstempel sind gelegentlich im Fundspektrum der ehrenamtlichen Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern vertreten. Sie gehören zu den wenigen Funden, die einzelnen, namentlich bekannten Individuen der Vergangenheit zugewiesen werden können und diese aus der sonst üblichen Anonymität archäologischer Funde herausheben. Im Mittelalter, zu Zeiten allgemein verbreiteten Analphabetismus, waren mit Siegelstempeln hergestellte Wachssiegel an Urkunden, gleich einer Unterschrift, das wichtigste Zeugnis des Ausstellers oder anwesender Zeugen zur Beglaubigung dieser Dokumente. Die Siegel waren fest mit Schnüren oder Pergamentstreifen daran befestigt. Üblicherweise wurden die meist aus Messing oder Blei gefertigten Siegelstempel nach dem Tode des Besitzers zerstört, in Latrinen geworfen oder den Verstorbenen mit ins Grab gegeben. Manch ein Siegelstempel verblieb auch über Jahrzehnte bei den Erben, um später weggeworfen zu werden oder anderweitig verloren zu gehen. Entsprechend dem Wohnort des Bürgertums in der Stadt und dem niederen Adel auf Burgen auf dem Lande finden sich Siegelstempel oft im näheren Umfeld ihrer Wohnorte.

Abbildung 2: Schimm, Lkr. Nordwestmecklenburg, moderner Abdruck des Siegelstempels des Heinrich Preen in Knetmasse, zur Kontrastverstärkung bedampft mit Ammoniumchlorid (NH4Cl).Details anzeigen
Abbildung 2: Schimm, Lkr. Nordwestmecklenburg, moderner Abdruck des Siegelstempels des Heinrich Preen in Knetmasse, zur Kontrastverstärkung bedampft mit Ammoniumchlorid (NH4Cl).

Abbildung 2: Schimm, Lkr. Nordwestmecklenburg, moderner Abdruck des Siegelstempels des Heinrich Preen in Knetmasse, zur Kontrastverstärkung bedampft mit Ammoniumchlorid (NH4Cl).

Abbildung 2: Schimm, Lkr. Nordwestmecklenburg, moderner Abdruck des Siegelstempels des Heinrich Preen in Knetmasse, zur Kontrastverstärkung bedampft mit Ammoniumchlorid (NH4Cl).

2023 entdeckte der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger René Ströming einen schildförmigen Siegelstempel aus Messing (Höhe 42 mm, Breite 35 mm) mit rückseitigem Ösensteg bei Schimm im Südosten des Landkreises Nordwestmecklenburg (Schimm, Fpl. 19, Inv. Nr. ALM 2023/703; Abb. 1-2). Das Wappen, drei Pfrieme an großen Ringen und die Inschrift in gotischen Majuskeln *+ S’ HINRICI PREN MILITI belegen einen Ritter Heinrich Preen als ehemaligen Besitzer. Die Buchstaben „M“ und „N“ scheinen nur aus Schäften zu bestehen, die Öse der Handhabe und die Ecken des Schildes sind merklich abgenutzt. Die Größe (Gewicht 27 g), Form und Schrift lassen an eine Herstellung in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts denken.

Die Preen waren eine der mitgliederstärksten und bedeutendsten, zu Beginn des 14. Jahrhunderts bereits in mehrere Linien verzweigten Adelsfamilien Mecklenburgs, die sich schon zum Ende des 13. Jahrhunderts nach Osten wandten und Grundbesitz in der Herrschaft Rostock und im Fürstentum Rügen erwarben. Im 19. Jahrhundert erloschen die einst so bedeutenden Preen in Mecklenburg. Da, wie in den meisten Adelsfamilien, die Vornamen von den Vätern auf die Söhne übergingen, ist eine Identifizierung bestimmter Personen schwierig. Bei den Preen der ersten Generationen wurden insbesondere die Namen Heinrich, Bertold, Gottschalk und Konrad tradiert.

Ganz sicher können wir den 1309 auf Gresenhorst, südlich von Ribnitz, sitzenden Heinrich Preen als Besitzer des gefundenen Siegelstempels ausschließen, da dieser ein rundes Siegel mit der Inschrift S’ HINRICI PRENEN führte (MUB V, Nr. 3304).

Bereits vor 1300 waren die Preen auf Steinhausen, östlich von Wismar, ansässig. Von diesem dort befindlichen festen Haus leitete ein 1294 erstmals beim mecklenburgischen Fürsten Heinrich II. zeugender Heinrich Preen seinen Namenszusatz Steynhus/Stenhus ab (MUB III, Nr. 2297). Dieser Heinrich Preen gilt 1321 als verstorben (MUB VI, Nr. 4247). 1332 kaufte sein Sohn Gottschalk Preen, genannt Steinhaus, das Dorf Schimm von den Gebrüdern Witte aus Wismar (MUB VIII, Nr. 5297).

Auch wenn eine Zuweisung des gefundenen Siegelstempels ohne Siegelabdruck nur unter Vorbehalt erfolgen kann, gehörte dieser vermutlich dem Vater des erstgenannten Heinrich Preen, genannt Stenhus, und gelangte möglicherweise mit dem Enkel Gottschalk Preen nach Schimm.

Der Ritter (militis) Heinrich Preen mit seinem Bruder Gottschalk, Stammvater der Preen, trat erstmals 1242 in das Licht der Geschichte, als er eine Urkunde Johanns I., Fürst von Mecklenburg bezeugte (MUB I, Nr. 543). Dass er mit dem bereits 1237 genannten Heinrich Preen (MUB I, Nr. 461) identisch ist, ist unsicher. Bis 1279 ist er Zeuge in den Urkunden des nachfolgenden Fürsten Heinrich I. und dessen Frau Anastasia in Wismar (MUB III, Nr. 1506). 1298, als er wohl bereits verstorben war, wurde seiner in einer Urkunde des Klosters Doberan gedacht, in der der Abt die Erweiterung einer Stiftung des Heinrich Preen durch dessen Söhne Gottschalk und Heinrich, genannt Stenhus, bestätigte (MUB IV, Nr. 2513).

Nach diesen Daten ist mit einer Herstellung des Siegelstempels schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts zu rechnen, so dass es sich nicht nur um das älteste bekannte Siegel der Preen handelt, sondern auch um einen der ältesten Siegelstempel Mecklenburgs.

Abbildung 3: Siegel des Ritters Bertold Preen an einer Urkunde vom 27. August 1316, Archiv der Hansestadt Stralsund, StU 0128.Details anzeigen
Abbildung 3: Siegel des Ritters Bertold Preen an einer Urkunde vom 27. August 1316, Archiv der Hansestadt Stralsund, StU 0128.

Abbildung 3: Siegel des Ritters Bertold Preen an einer Urkunde vom 27. August 1316, Archiv der Hansestadt Stralsund, StU 0128.

Abbildung 3: Siegel des Ritters Bertold Preen an einer Urkunde vom 27. August 1316, Archiv der Hansestadt Stralsund, StU 0128.

Siegel der Preen haben sich an zahlreichen Urkunden aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erhalten, u.a. besiegelten Gottschalk, Berthold und Gottfried von Preen die Urkunde vom 17. August 1316, in der 24 mecklenburgische Ritter und 11 Knappen der Stadt Stralsund 8000 Mark wendischer Pfennige für die Freilassung aus Gefangenschaft versprachen. Die im Archiv der Hansestadt Stralsund aufbewahrte Urkunde (StU 0128) zeigt die Art der Anbringung der Siegel, wobei zuerst eine das Siegelbild reproduzierende Lage Wachs in den Stempel gedrückt wurde. Auf diese legte man die Befestigungsschnüre aus Hanf oder Seide bzw. ein oder zwei aus der Urkunde geschnittene Pergamentstreifen, auf denen eine weitere Schicht Wachs aufgebaut wurde, in die man, je nach Größe des Siegels, einen oder mehrere Finger eindrückte (Abb. 3).

Abbildung 4: Siegel des Johann Preen von Bandelstorf von 1339.Details anzeigen
Abbildung 4: Siegel des Johann Preen von Bandelstorf von 1339.

Abbildung 4: Siegel des Johann Preen von Bandelstorf von 1339.

Abbildung 4: Siegel des Johann Preen von Bandelstorf von 1339.

Im Gegensatz zu im 19. Jahrhundert noch blühenden mecklenburgischen Adelsfamilien wie den Maltzan, Oertzen, Hahn, Behr, Pentz, Kamtz und anderen führte das Erlöschen der Preen dazu, dass weder ein familiäres Interesse noch die finanziellen Möglichkeiten zur Aufarbeitung der Familiengeschichte und zur Erschließung der reichen Siegelüberlieferung bestanden. So ist die Familie Preen im Mecklenburgischen Urkundenbuch nur mit einem Siegelholzschnitt des Johann Preen auf Bandeldorf von 1339 vertreten (MUB IX, 5996; Abb. 4).

Dr. Jörg Ansorge

Literatur:

MUB: Mecklenburgisches Urkundenbuch, Band I-XXV. Schwerin (1863-1936).

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