Abschied vom Amt

Archivalie des Monats April 2011

13.1-2 Personenbildersammlung, Nr. 13  Fotokopie "Das Petermännchen" Gedicht von H. GrotefendDetails anzeigen
13.1-2 Personenbildersammlung, Nr. 13  Fotokopie "Das Petermännchen" Gedicht von H. Grotefend

13.1-2 Personenbildersammlung, Nr. 13 Fotokopie "Das Petermännchen" Gedicht von H. Grotefend

13.1-2 Personenbildersammlung, Nr. 13 Fotokopie "Das Petermännchen" Gedicht von H. Grotefend

Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es noch kein festes Pensionsalter für Beamte. Die Zwangspensionierung, die Versetzung in den Ruhestand mit 65 Jahren führte Preußen 1920 ein, das Reich folgte 1923. In Mecklenburg gab es das zu der Zeit noch nicht. Man bat um Versetzung in den Ruhestand, wenn man die Zeit für gekommen hielt. Bei dem Schweriner Archivdirektor Hermann Grotefend war das im Januar 1921 der Fall, kurz vor seinem 76. Geburtstag.

Nur ungern scheide ich aus dem Dienste, den ich stets mit Lust und Liebe verrichtet habe

schreibt er

aber die Überzeugung, nicht mehr voll meinen Mann stehen zu können, veranlaßt mich zu dem Aufgeben der altgewohnten Tätigkeit.

Das Gesuch schließt mit der Empfehlung eines Nachfolgers aus dem Kollegium. Dieser "wird ohne Zweifel das Archiv auf der Höhe erhalten, die es - ich darf das wohl sagen - während meiner fast 34jährigen Leitung erreicht hat."

Der Stolz auf das Erreichte war berechtigt. Grotefend hatte nicht nur moderne Ordnungsprinzipien im Schweriner Archiv eingeführt, er hatte auch den 1911 fertiggestellten Archivzweckbau an der Graf-Schack-Allee angeregt und durchgesetzt, in dem das Landeshauptarchiv heute noch residiert. Er war kontaktfreudig, galt als schlagfertig und trinkfest und organisierte 1890 eine glanzvolle Jahresversammlung des Gesamtvereins der Deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in Schwerin - zu Ehren der Gäste wurde sogar das Schloss illuminiert. Grotefend, der sich mit einem grundlegenden Werk über die Chronologie, die historische Zeitrechnung, einen Namen gemacht hatte, betätigte sich auch als Verfasser von Gelegenheitsgedichten. Eines über das Petermännchen wurde 1898 vom Schweriner Fremdenverkehrsverein veröffentlicht (Abbildung). Für die Glückwünsche zu seinem 85. Geburtstag 1930 bedankte er sich auch mit einem Gedicht, in dem es heißt:

Mein Dankgefühl ist überschwenglich, Doch vor der Antwort wird mir bänglich. Drum mach ich Verse, schlecht und recht. - Das Dankgefühl darin ist echt.

Nach seiner Pensionierung übernahm Grotefend noch für zwei Jahre die Leitung des Gesamtvereins der Deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Bei einer mühseligen Ordnungsarbeit an einem Nachlass mitfühlend gefragt, ob alte Männer wie er solche Arbeit nicht besser Jüngeren überlassen sollten, entgegnete er entrüstet:

Wir alte Leute? Zimmermann (der ihm half) ist erst 68, ich erst 77 Jahre alt, wir können doch noch arbeiten!

Friedrich Lisch, Geheimer Archivrath und bedeutendster Landeshistoriker Mecklenburgs im 19. Jahrhundert, hatte 1879 im Alter von 78 Jahren um seine Versetzung in den Ruhestand gebeten. Ausschlaggebend war nicht die Last des Alters, wie er es in seinem offiziellen Gesuch behauptet hatte, sondern, wie er einem Freund anvertraute, "die Unliebenswürdigkeit und Schwäche" der Kollegen, die ihm das Archiv verleide. "Es ging nicht länger!" Es war ja auch lang genug, möchte man sagen: Er hatte 52 1/2 Dienstjahre hinter sich, davon 45 1/2 im Schweriner Archiv.

Mit diesen Zeilen verabschiedet sich der Verfasser von den Lesern der Archivalien des Monats. Grund: Abschied vom Amt.

Andreas Röpcke

Archivalie des Monats April 2011

Abschied vom Amt