Die Fachwerkkirche zu Hildebrandshagen in Mecklenburg-Strelitz

Denkmal des Monats April 2009

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Hildebrandshagen, Fachwerkkirche, Nordansicht

Abb.1: Hildebrandshagen, Fachwerkkirche, Nordansicht

Abb.1: Hildebrandshagen, Fachwerkkirche, Nordansicht

"Die Kirche ist ein rechteckiger Fachwerkbau von etwa 1580" – heißt es in dem Inventarband der Kunstdenkmäler des Kreises Prenzlau in der Provinz Brandenburg aus dem Jahre 1921 des brandenburgischen Provinzialkonservators Erich Blunck. Heute können wir mit Gewissheit sagen: sie stammt aus dem Jahre 1580, denn die dendrochronologische Untersuchung des Fachwerkgefüges im Rahmen der Instandsetzung des Jahres 2008 bestätigte diese Erbauungszeit.

Die Kirche in Hildebrandshagen ist einer der seltenen Fachwerkbauten, die überhaupt aus dem 16. Jahrhundert erhalten sind. Sie liegt heute im südöstlichen Zipfel von Mecklenburg-Strelitz, regional beinahe zu Brandenburg, aber kirchlich noch zur evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg gehörig. Dieses Gebiet der Uckermark war historisch immer Grenzgebiet zwischen Brandenburg und Pommern. Die Kirche wird als die älteste Fachwerkkirche der Uckermark bezeichnet und gehört heute zum ältesten Fachwerkbestand Mecklenburg-Vorpommerns und darüber hinaus Norddeutschlands.

Zwar sind einige ältere Fachwerkkonstruktionen mittelalterlichen Ursprungs in Außenwänden von Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern erhalten, so beispielsweise in Landow auf Rügen (wohl um 1312 aufgrund dendrochronologischer [= d] Untersuchungen), in Beggerow im Landkreis Demmin (möglicherweise 1438 [d] wie für das Dachwerk des Schiffes ermittelt) oder in Japenzin in Ostvorpommern (aufgrund bauhistorischer Untersuchungen wahrscheinlich in das 15. Jahrhundert zu datieren), jedoch sind diese Fachwerke lediglich als Reste im Feld- und Backsteinmischmauerwerk der Außenwände zu finden. Die Fachwerkkirche in Consrade bei Schwerin wird zwar mit 1534 angegeben und einige erhaltene Holzverbindungen bestätigen augenscheinlich eine Bauzeit des 16. oder 17. Jahrhunderts, aber eine genaue bauhistorische Untersuchung, die die angegebene Erbauungszeit bestätigen könnte, steht noch aus. In Niedersachsen – im Landkreis Nienburg/Weser – finden wir die Klosterkirche in Schinna, ein Fachwerkbau aus dem Jahre 1539/40, in Schleswig-Holstein sind zwei Fachwerkkirchen aus dem 16. Jahrhundert erhalten, nämlich die in Fuhlenhagen (1550) und die in Niendorf/Stecknitz (1581). Damit gehört Hildebrandshagen zu den ganz wenigen norddeutschen, bereits nachreformatorischen Fachwerkkirchen aus der Zeit der Renaissance und ist wohl die älteste, in umfangreichem Bestand und umfangreicher Ausstattung noch erhaltene Fachwerkkirche im heutigen Mecklenburg-Vorpommern.

Die bisherige Annahme einer Errichtung um 1580 konnte aufgrund dendrochronologischer Befundnahme in der Dachkonstruktion, den Ständern und dem Rähm der Außenwände sicher bestätigt werden (R. Gesatzky, B. Heußner). Zwar ist die Bezeichnung der ältesten erhaltenen Fachwerkkirche der Uckermark angesichts des im 18. Jahrhundert veränderten Ostgiebels und des im 19. Jahrhundert massiv gemauerten Westgiebels mit Dachreiter und verschiedener Reparaturmaßnahmen – so etwa dem Einbau neuer Fenster – zu relativieren. Jedoch sind mit den beiden Längswänden, dem Dachwerk samt Deckenbalken und Teilen der äußeren und inneren Ausstattung wesentliche Bereiche der ursprünglichen Bauphase und die historische Ausdehnung gesichert, die eine solche Bezeichnung immer noch rechtfertigen können. Insbesondere ist es erfreulich, dass, trotz massiver Schäden noch viele Bau- und Gestaltungsdetails aus der Bauzeit vorhanden sind, die das Erscheinungsbild des Fachwerkbaues nach wie vor wesentlich bestimmen.

So ergeben die wuchtigen, teils weit auseinander stehenden Hauptständer und Riegel das typische Bild früher Fachwerkkonstruktionen mit den liegenden Rechteckformaten und die mit den Ständern verblatteten Streben zeigen ein lebendiges und noch nicht so regelmäßiges Gefachbild (Abb. 1), wie es die jüngeren Fachwerkbauten aus dem 18. Jahrhundert mit ihrem gleichmäßigen Fachwerkraster demonstrieren. Einige der Ziegelausfachungen in Hildebrandshagen haben dekorative Muster, die Hauptattraktion ist jedoch der durchgehend erhaltene Traufgesimsbalken mit den profilierten Kehlungen (sogenannte Schiffskehlen) und den geschnitzten Knaggen über Ständerkopf und Rähm auf der Nordseite der Kirche (Abb. 2). Auf der Südseite finden wir, trotz ebenso erhaltener Fachwerkkonstruktion aus der Bauzeit eine solche Traufgesimsausbildung nicht, sondern ein einfaches schräges Traufbrett, dafür aber regelmäßig angeordnete Zapflöcher ungefähr in Höhe der Ständermitte (Abb. 3), deren Herkunft nicht geklärt ist, womit aber möglicherweise die gestalterisch einfachere Traufe zusammenhängen kann. E. Blunck vermutet in seinem Inventarband von 1921, dass ein Schleppdach (eine Art Schutzdach) hier verankert gewesen sein könnte. Sollte es hier tatsächlich eine bauliche Ergänzung in Form eines Daches oder eines Seitenanbaues gegeben haben, ließe sich damit die fehlende Ornamentik an der Südtraufe vielleicht erklären. Vielleicht ist es aber auch so, dass die Kirche ihre Schauseite zum Ort hin hatte und deshalb eine reichere Gestaltung in diese Richtung aufwies.

Es bleibt zu ergänzen, dass die Kirche über eine eindrucksvolle Innenausstattung verfügt. Hauptstück ist der aus der Bauzeit erhalten gebliebene Schnitzaltar von 1588 in korinthischen Triumphbogenarchitektur, der sich heute leider ohne Farbfassung präsentiert, die Kanzel von 1597, zwei steinerne Grabplatten mit lebensgroßen Relieffiguren derer v. Blankenburg mit den Sterbejahren 1592 und 1605 und dem Gestühl, das teils noch aus dem 16. und aus dem 18. Jahrhundert stammt.

Die geschädigte Fachwerksubstanz der Kirche wurde im Jahr 2008 mit Mitteln aus der sogenannten ELER-Förderung und kirchlichen Eigenmitteln instand gesetzt. Natürlich war aus denkmalpflegerischer Sicht besonderes Augenmerk auf die weitere Erhaltung der bauzeitlichen Gefüge zu richten. In einem intensiven Diskussionsprozess zwischen Kirchenbauverantwortlichen, Planer, Denkmalpfleger und ausführender Firma über die Art und Weise der Sicherung und Instandsetzung sind die Wege zur Bewahrung gefunden worden. Wichtige Zielstellung war es, dass außer der Substanz auch das Erscheinungsbild möglichst ohne Veränderung erhalten bleiben konnte. Hierbei waren zwei Aspekte besonders wichtig.

So musste zum Beispiel eine neue Schwellenlage eingefügt werden, weil die vorhandenen, aber bereits schon nicht mehr originalen, das heißt aus früheren Reparaturphasen stammenden Schwellen stark geschädigt waren. Hier sah die Planung eine Auswechslung der erhalten gebliebenen unteren Riegellage zugunsten einer neuen durchgehenden Schwelle vor. Aus denkmalpflegerischer Sicht war aber gerade die Erhaltung der noch originalen Riegel von Bedeutung. Es wurde nun durch die ohnehin notwendige Absenkung des Terrains und die Einlage der Schwelle unterhalb der zu erhaltenden Riegellage die Lösung gefunden, die Denkmalpfleger und Statiker zufrieden stellte.

Auch bei der Sicherung der Dachkonstruktion musste ein Weg zwischen Bewahrung und Ergänzung gefunden werden. Die weit gestellten Originalgebinde, die zum Durchhängen der schweren Dachhaut aus Handstrichbibern (wohl 18. Jahrhundert) geführt hatten, erforderten aus statischer Sicht Zwischengebinde. Damit wäre aber das Erscheinungsbild des einfachen Kehlbalkendachstuhls mit verblatteten Kehl- und Hahnenbalken und Kopfstreben verändert worden. Die Lösung wurde im Einfügen einer zusätzlichen Fußschwelle in der Art einer Pfette zur Anbindung der Fußpunkte und in stärkerer Dachlattung als üblich zur Längsaussteifung des Dachwerkes gefunden. Die schwere alte Dachdeckung konnte somit ebenfalls erhalten bleiben.

Zuletzt erhielten die Ziegelausfachungen eine rote lasierende Farbfassung nach der Angabe des Restaurators. In einem folgenden Abschnitt soll nun der Innenraum mit seiner wertvollen Ausstattung restauriert werden.

Jens Amelung

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