Denkmal des Monats November 2024

Vom Denkmalwert der ländlichen Kirchhöfe und die Kirchhofsmauer in Trent auf Rügen

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Abb. 14. Trent, Landkreis Vorpommern-Rügen, geschädigte Kirchhofsmauer

Abb. 14. Trent, Landkreis Vorpommern-Rügen, geschädigte Kirchhofsmauer

Abb. 14. Trent, Landkreis Vorpommern-Rügen, geschädigte Kirchhofsmauer

Im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommerns gibt es eine Sachgruppe von Denkmalen, die bisher nicht sehr im Fokus der Betrachtung steht, die aber einen wesentlich prägenden Bestandteil in den Dörfern und in der Kulturlandschaft darstellt. Es sind die Mauern, die die Kirchhöfe umschließen und die Kirchen mit dem Friedhof von ihrem dörflichen Umfeld abgrenzen. Bis heute bleiben in den sich ändernden Dorfbildern die umfriedeten Kirchhöfe eine Insel des Beständigen, der Geschichte, der Ruhe und Pietät, aber auch, wo noch ein Friedhof vorhanden ist, ein Treffpunkt an den Gräbern und damit ein Ort des Gedenkens und der Kommunikation (Abb. 1). Die Kirchen bilden geschichtlich und vielfach auch städtebaulich den Mittelpunkt der Dörfer. Mit ihren umgebenden Kirchhöfen, die als Friedhöfe dienten, und erhaltenen Einfriedungen (Mauern und Tore), Grabstätten, Gruftanlagen, Mausoleen, Grabplatten und -steinen, ihren Wegebeziehungen, dem Baum- und Pflanzenbestand bilden sie eine Gesamtheit, die es aus geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen und städtebaulichen Gründen zu schützen gilt.

Friedhöfe sind Quellen der Heimatgeschichte, Zeugnisse der regionalen Bestattungskultur und archäologische und baugeschichtliche Dokumente. Es gibt Grabstätten, die aus geschichtlichen Gründen bedeutend und schützenswert sind, wenn es sich bei den Bestatteten um bekannte Menschen handelt, deren Wirken das Leben und die Entwicklung der Gesellschaft beeinflusst hat. Einigen Grabstätten oder Grabplatten kommt aufgrund ihrer besonderen Gestaltung oder ihres hohen Alterswertes aus künstlerischen oder geschichtlichen Gründen eine besondere Bedeutung zu. Hierzu zählen Grabzeichen aus dem 18.Jahrhundert mit ihrer anschaulichen Text- und Bildsprache wie in Altenkirchen auf Rügen (Abb. 2) oder auch die oft aufwendiger gestalteten Grüfte der vor Ort ansässigen Rittergutsbesitzer- und Pächterfamilien, beispielsweise in Patzig (Abb. 3). Jüngere Kirchhöfe aus dem 19. Jahrhundert können zusammen mit einem Kirchenneubau geplant worden sein. Die meisten dörflichen Kirchhöfe älteren Ursprungs sind jedoch seit dem Mittelalter immer wieder verändert worden und damit historisch gewachsen. Es gibt bewusst gesetzte Elemente wie Alleen, Baumkränze, Baumsolitäre oder auch teilweise einheitliche Grabeinfassungen in Form von Hecken. Aufgrund des Wandels in der Bestattungskultur sind Friedhöfe einem ständigen Wandel unterworfen, auch kann eine intensive Pflege der zum Teil sehr großen Friedhöfe vielerorts nicht mehr finanziert werden. Konstanten bleiben die Pflege des direkten Umfelds der Kirche und der Wege sowie der Erhalt des alten Baumbestandes, von bedeutenden schützenswerten Grabstätten und Mausoleen und der Kirchhofseinfriedungen.

Die hierzulande frühesten Einfriedungen von Kirchplätzen waren Böschungen mit Feldsteinmauern, Wälle oder Hecken. In späterer Zeit werden Baumkränze angelegt oder auch Mauern mit z.T. aufwendigen Toranlagen in Backsteinbauweise wie in Mellenthin (Abb. 4) oder Backsteinmischbauweise errichtet. Die verwendeten Baumaterialien sind Feldsteine, Backsteine, Sand und Kalk, die vor Ort verfügbar waren. Die Bauweise ist vielfältig und kreativ, die Datierung schwierig. Mauern können wie in Görmin bei Greifswald trocken aus unbearbeiteten Feldsteinen geschichtet (Abb. 5) oder als verfugtes Schalenmauerwerk aus gesprengten Feldsteinen mit einem Innenkern aus Sand und kleinen Steinen errichtet sein, wie dies in Golm bei Neubrandenburg der Fall ist (Abb. 6). Im 19. Jahrhundert werden Feldsteinmauern aus unregelmäßig großen geschlagenen Feldsteinen und Zier- und Abdeckelementen aus Backsteinen errichtet, wie es die Mauer in Varchentin zeigt (Abb. 7). Handwerklich besonders aufwendig und in der Gestaltung kreativ sind einige der überkommenen Mauern in Backsteinbauweise aus dem 19. Jahrhundert, so in Bredenfelde, Jürgenstorf und Groß Flotow (Abb. 8-10).

Leider sind viele Kirchhofsmauern durch die Verwendung von Zementputz gesichert und dabei stark überformt worden. Die originale Bauweise und Materialität ist damit nicht mehr nachzuvollziehen, auch die besondere Ästhetik ist verloren gegangen. Diese Mauern haben in ihrer Funktion als Umgrenzung des Kirchhofs aber weiterhin noch eine Bedeutung als ein Bestandteil der Gesamtanlage, ein eigener Denkmalwert kommt ihnen aber nicht mehr zu. In Hohenholz ist dies der Fall (Abb. 11). Die erhaltenen Beispiele von Kirchhofsmauern, die sich noch in einem guten originalen Überlieferungszustand darstellen und die ihre entstehungszeitliche Bauweise und Materialität unverändert zeigen, sind eher selten geworden, da ein regelmäßiger Bauunterhalt der Mauern häufig nicht erfolgte.

Ein aktuell aufgrund von Bauschäden sanierungsbedürftiges Beispiel stellt die Kirchhofsmauer in Trent auf Rügen dar, eine Mauer von einer sehr hohen ortsbildprägenden Wirksamkeit. (Abb. 12-13) Das Kirchdorf Trent liegt nördlich von Gingst zwischen der Udarser und der Neuendorfer Wiek. An der nördlich der mittelalterlichen Kirche entlangführenden Straße und an der zum Pfarrhof führenden Westseite ist die Kirchhofsmauer aus Feldsteinmauerwerk mit großen, unregelmäßigen, geschlagenen Feldsteinen erbaut und wird von dreieckigen Formsteinen, die nach oben mit der geraden längeren Seite gelegt sind, abgeschlossen. Die Erschließung des Kirchhofs erfolgt über drei Tore, bestehend aus verputzten Torpfeilern auf einem quadratischen Grundriss mit einem Pyramidendach und Kugelaufsatz und eingehängten Holztoren. Auf dem Friedhof entlang der Mauer stehen alte Linden. An der Ostseite wird der Friedhof durch eine niedrige jüngere Feldsteinmauer und an der Südseite zum Pfarrhof hin von einer schlichten ungestalteten Backsteinmauer eingefriedet.

Diese an der Nord- und Westseite des Kirchhofs gelegene Mauer ist aktuell durch das Wurzelwerk der Linden gefährdet und droht teilweise einzubrechen und auf die Straße zu fallen (Abb. 14). Es sind dringend Erhaltungsmaßnahmen erforderlich. Die Sichtung der Objektakte der Landesdenkmalpflege ergab, dass die Erhaltung der Mauer bereits Ende der 1930er Jahre ein Thema der Denkmalpflege war und in Vermerken und Schreiben anschaulich und gut dokumentiert ist. Dies soll in Form von Exzerpten aus der Objektakte im Folgenden dargestellt werden.

In einem Kostenvorschlag vom Staatshochbauamt I, Stralsund vom 4. März 1939 wird aufgelistet: „50 lfdm Kirchhofsmauer aus zwei Feldsteinschalen, innen mit Sand gefüllt, etwa 1.20 m hoch, 0,80m breit, abbrechen, neu in vollem Feldsteinmauerwerk herstellen und mit den vorhandenen Formsteinen abdecken. 4 Stck. Torpfeiler etwa 3,00 m hoch, 0,80x0,80m stark, abbrechen, mit neuen Klosterformatsteinen unter Verwendung der noch brauchbaren alten Steine in Kalkmörtel neu herstellen und fugen.“

Im Reisebericht des Provinzialkonservators Dr. Nothnagel vom 24. April 1940 ist zu lesen: „(...) ebenso wird die Friedhofsmauer aus ihren alten Steinen neu aufgeschichtet. Linde & Co. haben die Arbeiten übernommen. Cement darf nicht verwendet werden.“

Der Reisebericht des Provinzialkonservators Dr. Nothnagel vom 20. September 1940 lässt verlauten: „Ausgeführt waren zu dieser Zeit der größte Teil der Friedhofsmauer, das westliche Friedhofsportal, (...). Diese Arbeiten sind in mehrfacher Hinsicht beanstandet worden, ohne dass damals sofort Abhilfe gefordert werden konnte. Bei der zweiten Besichtigung waren die Arbeiten wieder im Gang; und zwar unter persönlicher Leitung des Unternehmers Linde, der die Verbesserung aller beanstandeter Mängel zusagte. Dabei handelt es sich um folgende Punkte: 1. Die Pfeiler der westlichen Friedhofspforte sind jetzt mit einem glattgestrichenen Putz dick überzogen. Dieser muß zum mindesten aufgerauht und leicht überschlämmt werden. Die harten Kanten der neuen Abschlußgesimse sind zu mildern und den Profilen an den anderen beiden Toren anzugleichen. (...) 12. An der nordwestlichen Friedhofspforte sind die Toreisen durch Rosten aufgespalten und haben dadurch das Mauerwerk gehoben. Die Folge ist, dass beide Pfosten in der oberen Hälfte leicht schief stehen. Die Standfestigkeit ist nicht gefährdet. Die Eisen sollen erneuert werden.“

Durch einen Vermerk von einer Besichtigung vom 22. November 1940 erfährt man: „(...) Der Bauunternehmer Linde sagte damals die Beseitigung der Mängel zu. Er konnte diese Zusage noch nicht einhalten, weil er sofort nach Beendigung der Arbeiten, die er in einem längeren Urlaub ausgeführt hat, wieder zur Wehrmacht ausrücken mußte. (...) Die in Punkt 12 genannten Pfeiler der Friedhofspforte sind jetzt grau überputzt; sie müssen noch überschlämmt werden.“

Am 16. April 1942 schrieb der Superintendent des Kirchenkreises Bergen/ Rügen an den Provinzialkonservator: „Ich habe gestern bei einer Beerdigung in Trent festgestellt, dass die Mauer, die wir erst vor zwei Jahren neu gezogen haben, anscheinend schlecht geworden ist. Der harte Winter hat den Fugen sehr geschadet. Die Trenter sind der Meinung, man solle jetzt noch mit Zement die Fugen überstreichen, aber das ist sicher nicht in ihrem Sinne, darum schreibe ich schnell und frage an, was wir machen sollen.“

Dr. Nothnagel vermerkte dazu: „Zement ist auf keinen Fall zu verwenden, sondern Sumpfkalk. Die Mauer, die für das Dorfbild sehr wichtig ist, muss sachgemäß in Ordnung gebracht werden.“
Am 30. Juli 1942 waren die Arbeiten einer Mitteilung des Superintendenten zufolge noch nicht fertiggestellt.

Weitere Abstimmungsmaßnahmen oder ein Abnahmeprotokoll sind im LAKD nicht aktenkundig und wahrscheinlich hinsichtlich der Friedhofsmauer nicht mehr erfolgt. Ausbesserungsarbeiten wurden in späterer Zeit ohne Genehmigung unter Verwendung von Zement vorgenommen.

Anhand der Aktenlage ist demnach festzustellen, dass die Mauer in der historischen Bauweise unter Verwendung des originalen Feldsteinmaterials 1940 erneuert worden ist und somit nicht mehr das im 19. Jahrhundert erbaute Original darstellt. Auch das westliche Tor wurde in dieser Zeit zur Gänze erneuert.

Gemäß des juristischen Kommentars zum Denkmalschutzgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (DSchG M-V) besteht eine geschichtliche Bedeutung, wenn eine „Sache von geschichtlichen Personen, Ereignissen oder Entwicklungen zeugt; sie muss diese Bedeutung heute und für zukünftige Generationen anschaulich machen“, dazu zählt auch ein „Dokumentationswert früherer Bauweisen und die in ihnen zum Ausdruck gekommenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“. Der Wert der Kirchhofsmauer und der Tore liegt in ihrem Kontext mit der mittelalterlichen Kirche als eine Baulichkeit zur Abgrenzung des Kirchhofs von der Umgebung. Aufgrund des jetzigen Kenntnisstandes ist anzunehmen, dass diese Grenzmarkierung zunächst im 18. Jahrhundert durch eine Errichtung von barocken Torpfeilern erfolgte und im 19. Jahrhundert durch eine repräsentative feste Mauer an der Nord- und der Westseite ergänzt wurde. Vermutlich ist in diesem Zuge auch der Lindenkranz gepflanzt worden. Aus der Ortsakte zur Kirche wird offenbar, dass die Kirchhofsmauer 1940/42 neu in der tradierten Bauweise aufgeschichtet und eines der drei Tore neu aufgemauert wurde.

Es besteht eine geschichtliche Bedeutung, da die Gesamtanlage von Kirche mit umgebendem Kirchhof und Feldsteinmauer mit den barocken Torpfeilern von einem Alterswert, bei den original überlieferten Torpfeilern von einer Authentizität und von einer hohen Anschaulichkeit ist und von einer historischen Entwicklung zeugt. Ungewöhnlich ist, dass die Kirchhofsmauer in der Zeit um 1940/42, mitten in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, eine so intensive denkmalpflegerische Betreuung erfahren hat. Über die meisten Kirchhofsmauern ist bei der Baudenkmalpflege nichts aktenkundig. Somit ist festzustellen, dass dieser Mauer in der damaligen Zeit eine sehr hohe Bedeutung zugemessen wurde. Dieses ist zum einen darin begründet, dass gemauerte Feldsteinmauern in einer derartigen Höhe und Größe der verwendeten geschlagenen Feldsteine in Mecklenburg –Vorpommern selten vorhanden und bekannt sind und zum anderen darin, dass der Trenter Mauer durch die Lage an der zentralen Dorfstraße eine hohe ortsbildprägende Wirkung zukommt (Abb. 15).

Beatrix Dräger-Kneißl

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Vom Denkmalwert der ländlichen Kirchhöfe und die Kirchhofsmauer in Trent auf Rügen

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