Ad fontes – Der Glashäger Quellentempel bei Bad Doberan und seine Einbindung in die Kulturlandschaft des Hofgutes Glashagen

Denkmal des Monats November 2024

Abb. 1. Glashagen, Lkr. Rostock, Blick auf das Quellenhaus (1908/09) der Glashäger Brunnen GmbHDetails anzeigen
Abb. 1. Glashagen, Lkr. Rostock, Blick auf das Quellenhaus (1908/09) der Glashäger Brunnen GmbH

Abb. 1. Glashagen, Lkr. Rostock, Blick auf das Quellenhaus (1908/09) der Glashäger Brunnen GmbH

Abb. 1. Glashagen, Lkr. Rostock, Blick auf das Quellenhaus (1908/09) der Glashäger Brunnen GmbH

Um die Geschichte des Glashäger Mineralwassers und seines „Quellhauses“1 (1908/09) zu verstehen (Abb. 1), muss man den Abfüllort in Bad Doberan verlassen und sich in die gebirgige Welt der Endmoränenlandschaft um Hohenfelde begeben. Allein schon die Bezeichnung des Markennamens G l a s h ä g e r rekurriert auf das historische Hofgut Glashagen, das ein gewisser Hans von Blücher (1863-1928) – samt der im benachbarten Tale befindlichen Quellen – 1903 erworben hatte.2 Der Ortsname steht hierbei pars pro toto für eine der ersten Glasproduktionsstätten Mecklenburgs und wird in diesem Kontext erstmals 1273 erwähnt.3 Nach Ansicht von Etymologen handelt es sich bei dem Terminus vermutlich um eine Abkürzung bzw. Klammerform von „Glas(hütten)hagen“.4

Bedingt durch das dynamische Landschaftsbild im Übergangsbereich zur Kühlung sowie die sich einstellenden spektakulären Fernsichten vom nördlich des Gutes Glashagen gelegenen Teufelsberg (85m ü. N.N.!), avanciert jene Gegend schon Ende des 19. Jahrhunderts zum beliebten Ausflugsziel Rostocker Geologen. So werden im Jahre 1887 erste Bohrungen im Quellental vorgenommen.5 Die erkenntnisreichen Befunde, die von Eugen Geinitz (1854-1925) veröffentlicht werden, legen hierbei den Schluss nahe, dass es sich bei jenem Taleinschnitt, der mit dem Goldbach in Richtung Doberan entwässert, um eine Schmelzwasserrinne handelt, die sich in die Hohenfelder Endmoräne eingeschnitten hat.

Aber auch aus dem historischen Park des Hofgutes Glashagen ergeben sich bis heute überraschende Blickachsen auf das untere Warnowtal, die Rostocker Heide und die am Horizont schimmernde Ostsee (Abb. 2). Ferner steht auch der Park, mit dem in einer Senke liegenden buchenbestandenen Glashäger Quellental, nicht nur in visueller, sondern über einen historischen Landweg auch in funktionaler Beziehung.6

Das Quellwasser fließt seit 1906

Abb. 3. Schematischer Schnitt durch das Quellgebiet mit Darstellung des 6,70 m hohen Fontänenausbruchs, der in Folge der Erbohrung 1906, auf Höhe des heutigen Quellenhauses, erfolgte. Aus: Thiem, G. (1914) Gutachten über die Glashäger Mineralquellen bei Doberan.Details anzeigen
Abb. 3. Schematischer Schnitt durch das Quellgebiet mit Darstellung des 6,70 m hohen Fontänenausbruchs, der in Folge der Erbohrung 1906, auf Höhe des heutigen Quellenhauses, erfolgte. Aus: Thiem, G. (1914) Gutachten über die Glashäger Mineralquellen bei Doberan.

Abb. 3. Schematischer Schnitt durch das Quellgebiet mit Darstellung des 6,70 m hohen Fontänenausbruchs, der in Folge der Erbohrung 1906, auf Höhe des heutigen Quellenhauses, erfolgte. Aus: Thiem, G. (1914) Gutachten über die Glashäger Mineralquellen bei Doberan.

Abb. 3. Schematischer Schnitt durch das Quellgebiet mit Darstellung des 6,70 m hohen Fontänenausbruchs, der in Folge der Erbohrung 1906, auf Höhe des heutigen Quellenhauses, erfolgte. Aus: Thiem, G. (1914) Gutachten über die Glashäger Mineralquellen bei Doberan.

Wenn man der Beschreibung einer Primärquelle Glauben schenken darf, wird Hans von Blücher durch „auffällige Wünschelruten in Form merkwürdig abgebogener Bäume, alle in der Richtung der jetzt erschlossenen Mineralquellen zeigend […]“7 dazu veranlasst, im Quellental und zwar im Herbst 1906 entsprechende Bohrungen in Auftrag zu geben.8 Beide Bohrungen (mit Tiefen von 19 bzw. 31 Metern) sind bis heute unterhalb des noch zu beschreibenden Quellenhauses situiert. Sie stehen unter hohem Druck, sind demzufolge artesischen Ursprungs, sodass sich bei ihrer Erschließung im Jahr 1906 eine überraschende Wasserfontäne von 6,70 m über Grund bildete (Abb. 3).9 Aufgrund der erfolgreichen Unternehmung wird schließlich 1908 eine Gesellschaft mit der Bezeichnung „Glashäger Mineralquelle G.m.b.H“ mit Sitz in Berlin zum Quellerwerb gegründet, parallel dazu die „Glashäger Mineralquellen, Brunnenverwaltung (...) KG“ mit Sitz in Bad Doberan. Der Markenname Glashäger verweist hierbei dezidiert auf den Spiritus Rector des Bohrunternehmens, dem auf dem Hofgut Glashagen seinerzeit lebenden Hans von Blücher.

Zur Verbindung von Quellhaus und Abfüllwerk

Abb. 4. Werbeinserat der von Blücher‘schen Brunnenverwaltung mit einer Darstellung des von Blücher‘schen Wappens, aus: Gemeinnützige Gesellschaft zu Doberan (Hrsg.): Stahl- und Eisenmoorbad Doberan i. Mecklb. S. 52 (um 1913).Details anzeigen
Abb. 4. Werbeinserat der von Blücher‘schen Brunnenverwaltung mit einer Darstellung des von Blücher‘schen Wappens, aus: Gemeinnützige Gesellschaft zu Doberan (Hrsg.): Stahl- und Eisenmoorbad Doberan i. Mecklb. S. 52 (um 1913).

Abb. 4. Werbeinserat der von Blücher‘schen Brunnenverwaltung mit einer Darstellung des von Blücher‘schen Wappens, aus: Gemeinnützige Gesellschaft zu Doberan (Hrsg.): Stahl- und Eisenmoorbad Doberan i. Mecklb. S. 52 (um 1913).

Abb. 4. Werbeinserat der von Blücher‘schen Brunnenverwaltung mit einer Darstellung des von Blücher‘schen Wappens, aus: Gemeinnützige Gesellschaft zu Doberan (Hrsg.): Stahl- und Eisenmoorbad Doberan i. Mecklb. S. 52 (um 1913).

Die Abfüllanlagen errichtet man nicht am Quellort, sondern in verkehrsgünstiger Lage, in unmittelbarer Nähe des Bad Doberaner Bahnhofes, wo sich bis heute die Produktionsanlagen der Glashäger Brunnen GmbH befinden. Das Grundstück hatte die Gesellschaft seinerzeit von der Stadt erworben, um den schnellen Abtransport des Tafel- und Heilwassers zu ermöglichen. Mithilfe der Schwerkraft wurde das Quellwasser über ein Gefälle von rund 70 Metern noch bis 1912 in Form von Steinzeug-Rohrleitungen in das 3,5 km entfernte Abfüllwerk transportiert. Mit Fertigstellung der notwendigen Infrastruktur nimmt man schließlich im Sommer 1908 die Mineralwasserproduktion auf. Die ersten Produkte tragen noch das Signet der ‚Blücherschen Brunnenverwaltung‘ samt dem Markennamen ‚Glashäger Mineralquelle.‘ Um auch die Zugehörigkeit zum Hofgut Glashagen der Familie von Blücher zum Ausdruck zu bringen, versieht man die Flaschenetiketten zunächst noch mit dem Monogramm des Doppelschlüssels, das auf das Wappen der Familie von Blücher verweist (Abb. 4).10

Zur baulichen Gestaltung des Quellenhauses (1908/09)

Abb. 6. Stilistische Ähnlichkeiten zwischen dem 1984 abgebrochenen, dem Baumeister Carl Theodor Severin zugeschriebenen Gutshaus in Glashagen (1829) und dem Quellenhaus sind nicht von der Hand zu weisen.Details anzeigen
Abb. 6. Stilistische Ähnlichkeiten zwischen dem 1984 abgebrochenen, dem Baumeister Carl Theodor Severin zugeschriebenen Gutshaus in Glashagen (1829) und dem Quellenhaus sind nicht von der Hand zu weisen.

Abb. 6. Stilistische Ähnlichkeiten zwischen dem 1984 abgebrochenen, dem Baumeister Carl Theodor Severin zugeschriebenen Gutshaus in Glashagen (1829) und dem Quellenhaus sind nicht von der Hand zu weisen.

Abb. 6. Stilistische Ähnlichkeiten zwischen dem 1984 abgebrochenen, dem Baumeister Carl Theodor Severin zugeschriebenen Gutshaus in Glashagen (1829) und dem Quellenhaus sind nicht von der Hand zu weisen.

Kurz nach Erschließung der Quellen, werden die Bohrungen mit einem „provisorischen Gebäude“11 versehen, dem alsbald ein moderner, neoklassizistischer und als Anziehungspunkt fungierender Quellentempel folgt. Die Entwurfszeichnungen für das repräsentative Gebäude liefert der in Doberan ansässige Maurermeister Bernhard Westendorff (Abb. 5). Eine entsprechende Baugenehmigung der im Mai 1908 eingereichten Pläne liegt bereits Ende Juni 1908 von Seiten des großherzoglichen Amtes Doberan vor.12

Der Bau ist hierbei „[…] im Geschmack der Doberaner und Heiligendammer Bauten aus der Glanzzeit des Badelebens gehalten […].“13 Sehr auffällig sind daher die stilistischen Bezüge zu den Doberaner Bauten des großherzoglichen Hofbaurats Carl Theodor Severin (1763-1836). Bemerkenswert sind die hervorstechenden, ionisch ausgebildeten Kapitelle des Quellenhauses, die man ebenfalls am großherzoglichen Palais in Doberan (1810) entdecken kann. Stilistische Parallelen zum 1984 abgerissenen, Blücher‘schen Gutshaus in Hof Glashagen (Abb. 6), das mutmaßlich von Severin 1829 errichtet wurde, sind ebenfalls nicht von der Hand zu weisen: Beide Bauten kennzeichnete ein bekrönender Dreiecksgiebel, profilierte Lünettenfenster und kräftige Konsolfriese. Weiterhin war das Quellenhaus noch zur Erbauungszeit mit einem Dach aus Doppelmuldenfalzziegeln eingedeckt, musste aber 1981 - sanierungsbedingt - durch ein Kupferdach ersetzt werden.14

In funktionaler Hinsicht ist das Quellenhaus zweigeteilt: Die beiden Quellfassungen von 1906 befinden sich im rückwärtigen Bereich der Brunnenstube, während im Vorraum, unterhalb des Giebels, ein öffentlich zugänglicher, mit einem Löwenmaul verzierter Trinkbrunnen platziert war. Belichtet wurde das Gebäude mithilfe der lünettenartigen, halbkreisförmigen Fenster, die man im Tympanon und an den Seitenwänden, entlang der Brunnenstube, platzierte. So konnten Besucher auch von außen einen Blick auf die sprudelnden Quellen werfen. Diese Durchfensterung ist heute nicht mehr erlebbar, da die Öffnungen heute zugemauert sind.

Das Quellenhaus avanciert zum Markenzeichen des Brunnenbetriebs

Abb. 7. Das Quellenhaus wird ab dem Jahr 1915 das Markenzeichen des Glashäger Brunnenbetriebs. Scan: Warenzeichenbeilage des Deutschen Reichsanzeigers […], Nr. 45, Jg. 1915, o. S.Details anzeigen
Abb. 7. Das Quellenhaus wird ab dem Jahr 1915 das Markenzeichen des Glashäger Brunnenbetriebs. Scan: Warenzeichenbeilage des Deutschen Reichsanzeigers […], Nr. 45, Jg. 1915, o. S.

Abb. 7. Das Quellenhaus wird ab dem Jahr 1915 das Markenzeichen des Glashäger Brunnenbetriebs. Scan: Warenzeichenbeilage des Deutschen Reichsanzeigers […], Nr. 45, Jg. 1915, o. S.

Abb. 7. Das Quellenhaus wird ab dem Jahr 1915 das Markenzeichen des Glashäger Brunnenbetriebs. Scan: Warenzeichenbeilage des Deutschen Reichsanzeigers […], Nr. 45, Jg. 1915, o. S.

Nach Fertigstellung des Quellenhauses (1908/09) dauert es allerdings noch weitere sieben Jahre ehe das neoklassizistische Gebäude zum Markenzeichen der damaligen „Glashäger Mineralquellen G. m. b. H.“ avanciert. Zwar wurde der Name ‚Glashäger‘ beim kaiserlichen Patentamt als Warenzeichen bereits am 20.06.191015 angemeldet, aber erst mit der Neukonzeption des Warenzeichens, im Jahre 1915, findet der stilisierte Quellentempel samt Aesculap-Nattern im Tympanon - hier als Referenz auf die Gesundheit - und den Initialen ‚GM‘ für Glashäger Mineralquellen Eingang in das Unternehmenslogo (Abb. 7).16 Bis zum heutigen Tag ist der Quellentempel, wenn auch mit veränderter künstlerischer Ausgestaltung, Kernbestandteil des Unternehmensbrandings.

Die gärtnerische Gestaltung des Quellentals

Abb. 8. Früheste Fotografie des Quellenhauses vom 13.06.1909. Es zeigt die Mitglieder des Mecklenburgischen Heimatbundes nach ihrer Hauptversammlung in Doberan. In: Mecklenburg.Details anzeigen
Abb. 8. Früheste Fotografie des Quellenhauses vom 13.06.1909. Es zeigt die Mitglieder des Mecklenburgischen Heimatbundes nach ihrer Hauptversammlung in Doberan. In: Mecklenburg.

Abb. 8. Früheste Fotografie des Quellenhauses vom 13.06.1909. Es zeigt die Mitglieder des Mecklenburgischen Heimatbundes nach ihrer Hauptversammlung in Doberan. In: Mecklenburg.

Abb. 8. Früheste Fotografie des Quellenhauses vom 13.06.1909. Es zeigt die Mitglieder des Mecklenburgischen Heimatbundes nach ihrer Hauptversammlung in Doberan. In: Mecklenburg.

Nicht nur das Quellhaus, sondern auch das Umfeld der Glashäger Quelle wird bis Juni 1909 umfassend aufgewertet. Wie ein historisches Foto zeigt, sind die Erdarbeiten bzw. Außenanlagen bereits im Juni 1909 fertiggestellt (Abb. 8). Den Platzbereich nördlich des Quellhauses hatte man entsprechend künstlich aufgeschüttet. Ein leicht ansteigender und gebogener Weg führte von beiden Seiten eines künstlich angelegten und mit Bruchsteinen ausgekleideten Teiches auf das Quellenhaus zu. Eine Quelle, rund 140 m südlich des Quellentempels, erfüllte hierbei den Zweck, eine Wasserfontäne in diesem Weiher anzutreiben.17 Ein weiterer Teich wird entlang der Ostflanke des Quellentals ausgehoben (Abb. 9). Von diesem Blickpunkt aus spiegelte sich das Quellenhaus auf der Wasseroberfläche. Gerade jene Ansicht, mit den flankierenden, eigenartig, wie natürliche Wünschelruten über den Oberwasserquellen beugenden Erlen- und Haselbuschstämmen, wurde auf Postkarten und Skizzen vielfach künstlerisch reproduziert.18

Diese erste gärtnerische Zeitschicht war allerdings nur von kurzer Dauer. Nach überlieferten Fotografien des Atelier Beckmann, erhält die Außenanlage bis 1910 eine Modifikation und bedeutsame künstlerische Erweiterung (Abb. 10): Der aufgeschüttete Weg vor dem Quellentempel wird durch ein steinernes Podest ersetzt, und durch eine beidseitige, von Eiben gesäumte Treppenanlage erschlossen. Ferner wird der Bereich zu beiden Seiten des Quellentempels durch eine aus Balustern bestehende Brüstungsmauer erweitert, die ihren gestalterischen Abschluss in Form von zwei kreisrunden Postamenten samt Pflanzschalen findet. Abschließend sei angemerkt, dass man den Bereich im Umfeld des Quellenhauses schon vor 1914 mit einer umfassenden Drainage ausgestattet hatte, um das moorastige und grundwasservernässte Quellental für Fußgänger zugänglich zu machen.19

Von der touristischen Inwertsetzung des Quellentals

Abb. 12. Blick auf die ehemals zum Blücher‘schen Hofgut Glashagen gehörende Büdnerei im Quellental, die ab den späten 1920er Jahren von der Glashäger Mineralquelle als Ausflugslokal betrieben wurde. Heute befindet sich in den Räumlichkeiten eine privat betriebene Gaststätte. Datierung: Um 1930Details anzeigen
Abb. 12. Blick auf die ehemals zum Blücher‘schen Hofgut Glashagen gehörende Büdnerei im Quellental, die ab den späten 1920er Jahren von der Glashäger Mineralquelle als Ausflugslokal betrieben wurde. Heute befindet sich in den Räumlichkeiten eine privat betriebene Gaststätte. Datierung: Um 1930

Abb. 12. Blick auf die ehemals zum Blücher‘schen Hofgut Glashagen gehörende Büdnerei im Quellental, die ab den späten 1920er Jahren von der Glashäger Mineralquelle als Ausflugslokal betrieben wurde. Heute befindet sich in den Räumlichkeiten eine privat betriebene Gaststätte. Datierung: Um 1930

Abb. 12. Blick auf die ehemals zum Blücher‘schen Hofgut Glashagen gehörende Büdnerei im Quellental, die ab den späten 1920er Jahren von der Glashäger Mineralquelle als Ausflugslokal betrieben wurde. Heute befindet sich in den Räumlichkeiten eine privat betriebene Gaststätte. Datierung: Um 1930

Mit der Etablierung des Brunnenbetriebs wird das Quellgebiet auch sukzessive touristisch erschlossen. So setzt sich die „Glashäger Mineralquellen G.m.b.H.“ in einem Schreiben an den Magistrat der Stadt Doberan bereits 1916 dafür ein, „[…] diesen landschaftlich reizvoll gelegenen Teil […] für das Publikum nutzbar zu machen. Da die vorhandenen Zuführungswege jedoch keine bequeme Möglichkeit für ein solches zum Hingelangen bieten, ist in Aussicht genommen, eine geeignete Promenade, anschließend an die vorhandenen Wege, durch das Quellholz nach dem Quellengebiete in Glashagen hinzuleiten.“20 Glaubt man der Glashäger Werbung, wird bis spätestens 1930 ein Promenadenweg vom Abfüllwerk kommend - entlang des Quellholzes bzw. des Goldbaches - durch das Unternehmen bis zur Höhe des Quellenhauses angelegt.21 Auf dem preußischen Messtischblatt (1927) ist allerdings nur ein Promenadenweg zwischen der Ausflugsgaststätte Quellental und dem Quellenhaus, entlang des Goldbaches, identifizierbar. (Abb. 11).22 Als Höhepunkt der infrastrukturellen Erschließung des Quellentales ist die Etablierung einer Ausflugsgaststätte anzusehen. So wird die ehemals zum Blücher‘schen Hof Glashagen gehörende, nahegelegene Büdnerei Ende der 1920er Jahre durch die Verwaltung der Glashäger Mineralquellen zum Ausflugslokal umgebaut, „um Besuchern Gelegenheit zu längerem Aufenthalt zu geben“23 (Abb. 12). Ende der 1920er Jahre betreibt ein gewisser Carl Tessman die historische Wirtschaft, der ebenfalls die Funktion eines Brunnenwärters innehatte. Wenn der Wasserdruck in der Mineralwasserfabrik zu gering war, bekam er telefonische Nachricht, den Druck im Brunnenhaus zu erhöhen. Deshalb hatte der Wirt auch die Schlüsselhoheit über das Quellenhaus.24 Die ehemalige Büdnerei hat die Wirren der Zeit überdauert, befindet sich heute in Privatbesitz und wird als „Ausflugsgaststätte Quellental“ betrieben.

Die revitalisierende Neugestaltung unter Lutz Elbrecht (1981)

Abb. 15. Fotografie der Außenanlagen nach der von Lutz Elbrecht konzipierten Planung, Datierung 1986.Details anzeigen
Abb. 15. Fotografie der Außenanlagen nach der von Lutz Elbrecht konzipierten Planung, Datierung 1986.

Abb. 15. Fotografie der Außenanlagen nach der von Lutz Elbrecht konzipierten Planung, Datierung 1986.

Abb. 15. Fotografie der Außenanlagen nach der von Lutz Elbrecht konzipierten Planung, Datierung 1986.

Parallel zur Erneuerung der Glashäger Betriebsstätte zu Beginn der 1980er Jahre sollten auch Quellentempel und Außenanlagen eine Attraktivitätssteigerung erfahren. Hierfür engagiert der Brunnenbetrieb den renommierten Doberaner Architekten Lutz Elbrecht (1907-1984). Insbesondere der Vorraum des Tempels erhält im Zuge dessen eine Neugestaltung im Sinne eines „Traditionsraums.“25 Rückseitig wird eine mehrteilige, steinsichtige Gedenkplatte angebracht. Auf ihr sind die Initialen mit der Jahreszahl der Erbohrung (1906) sowie der Schriftzug Glashäger angebracht.26 Einen bemerkenswert künstlerischen Akzent setzt Elbrecht mit der von ihm entworfenen Brunnen- bzw. Kupferschale, die auf einem Postament ruht, und von wasserspeienden Schlangen begleitet wird (Abb. 13-14). Seit der Zeitschicht der 1980er Jahre ist es nunmehr auch möglich, den Vorraum während der Dunkelheit mit Hilfe eines E-Strahlers zu illuminieren.

Zur Neukonzeption gehörte allerdings auch ein immenser Verlust an historischer Bausubstanz: Die den Tempel flankierenden kreisrunden Postamente aus der Erbauungszeit sowie jene, von Balustern eingefasste Brüstungsmauern beidseits des Quellenhauses, wurden gleichsam entfernt.27 Wie Abb. 15 verdeutlicht, sind die abgebrochenen Bauteile durch Sandsteinpostamente, eine deutlich profaner gehaltene Brüstungsmauer sowie steinerne Sitzbänke ersetzt worden. Der auf dem Foto nicht mehr sichtbare Teich als zentrales gartenkünstlerisches Element der Außenanlage muss allerdings bereits vor dieser Neugestaltung beseitigt worden sein.28 An dem beschriebenen Erneuerungsprojekt beteiligten sich zahlreiche Hohenfelder Bürgerinnen und Bürger, die sich nach Feierabend um die Erneuerung des Baudenkmals verdient gemacht haben.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass das heutige Glashäger Mineralwasser nicht mehr aus den Bohrungen des Quellhauses (1906) stammt, sondern zwei Tiefbrunnen entnommen wird, die im weiteren Umfeld des Quellgebietes situiert sind.29

Johannes Martin Müller

Fußnoten

1 Bauzeitlicher Begriff nach: Mecklenburg. Zeitschrift des Heimatbundes Mecklenburg, Jg.1909, Hf.3, S.61

2 Vgl. Gemeinde Retschow (Hrsg.)(1998): Glashagen: 725 Jahre [Festschrift]. Eigenverlag

3 Vgl. Foster, E. & Willich, C. (2007): Ortsnamen und Siedlungsentwicklung. Stuttgart: Steiner. S.169

4 Vgl. EBD.

5 Vgl. Mitteilungen aus der Großherzogl. Mecklenburg. Geologischen Landesanstalt. Hf. XX., Jg. 1908, Ergebnisse der Brunnenbohrungen in Mecklenburg; hier: S.9

6 Auf früheren Messtischblättern ist der Wirtschaftsweg vom Park Hof Glashagen ins Quellental nicht nachweisbar, vgl. Reichsamt für Landesaufnahme (Hrsg.)(1927): [Messtischblatt]Hanstorf [Nr.] 584. Maßstab: 1: 25.000.

7 Die Glashäger Silicium-Heilquelle, Datierung: 1915-18, S.3, Unternehmensarchiv Glashäger Brunnen GmbH

8 Vgl. Fresenius, H. (1907): Chemische und physikalisch-chemische Untersuchung des Glashäger Mineralbrunnens (…). Wiesbaden: C. W. Kreidel. S.3f.

9 Vgl. Gutachten über die Glashäger Mineralquellen bei Doberan, verfasst v. Dr.-Ing. G. Thiem, Leipzig. Den 26. Oktober 1914. In: LHAS 6.11-11 Ministerium des Innern, 3521, Geschäftsbetrieb der Glashäger Mineralquellen KG Bad Doberan

10 Vgl. das mit Helmzier ausgestattete Wappen der Familie von Blücher in Blücher, U. (1914): Neueste Geschichte der Familie von Blücher von 1870 bis 1914. Festschrift zur Siebenhundertjahrfeier der Familie. Schwerin: Bärensprung. Sine pagina.

11 Fresenius, H. (1907): Chemische und physikalisch-chemische Untersuchung des Glashäger Mineralbrunnens (…). Wiesbaden: C. W. Kreidel. S.4

12 Vgl. LHAS 5.12-9/6 Landratsamt Rostock, 2051, Akten betreffend den Erbpachthof Glashagen

13 Mecklenburg. Zeitschrift des Heimatbundes Mecklenburg, Jg. 1909, Hf.3, S.63

14 VEB Rostocker Brauerei (Hrsg.)(1983): 75 Jahre Glashäger Quelle Bad Doberan. S.14f.

15 Vgl. Kaiserliches Patentamt (Hrsg.) (1910): Warenzeichenblatt 1910, 17.Jg., S.1388. Berlin: P. Stankiewicz.

16 Vgl. Warenzeichenbeilage des Deutschen Reichsanzeigers (…), Nr.45, Jg.1915, Anhang des Reichsanzeigers, o.S.. In: Deutscher Reichsanzeiger und königlich preußischer Staatsanzeiger, Nr.135, 11. Juni 1915; zur Beschreibung des Warenzeichens, vgl. Die Glashäger Silicium-Heilquelle, Datierung: 1915-18, S.17, Unternehmensarchiv Glashäger Brunnen GmbH

17 Gutachten über die Glashäger Mineralquellen bei Doberan, verfasst v. Dr.-Ing. G. Thiem, Leipzig. Den 26. Oktober 1914. In: LHAS 6.11-11 Ministerium des Innern, 3521, Geschäftsbetrieb der Glashäger Mineralquellen KG Bad Doberan

18 Zweites Beiblatt zu Nr. 136 des Rostocker Anzeiger, 15.06.1909; vgl. Das Echo: Organ der deutschen im Auslande. Wochenzeitung für Politik, Literatur und deutsche Ausfuhr-Interessen, Bd.73, Jg.1918, S.1174

19 Vgl. Gutachten über die Glashäger Mineralquellen bei Doberan, verfasst v. Dr.-Ing. G. Thiem, Leipzig. Den 26. Oktober 1914. In: LHAS 6.11-11 Ministerium des Innern, 3521, Geschäftsbetrieb der Glashäger Mineralquellen KG Bad Doberan

20 Stadtarchiv Bad Doberan, Akten des Hausgrundstücks, Flurbuch-Nr. 795 A, Glashäger Mineralquellen GmbH 1907-1941 [H 042]

21 Glashäger Werbeprospekt, 1930, S.5, Unternehmensarchiv Glashäger Brunnen GmbH

22 Vgl. Reichsamt für Landesaufnahme (Hrsg.)(1927): [Messtischblatt]Hanstorf [Nr.] 584. Maßstab: 1: 25.000.

23 Vgl. Glashäger Werbeprospekt, 1930, S.5, Unternehmensarchiv Glashäger Brunnen GmbH

24 Vgl. Jaster, K. (1997): Ein Pferd,so stur wie ein Sägebock. In: Ostsee-Zeitung, 23.06.1997, S.13

25 Entwurfszeichnungen von Lutz Elbrecht, Oktober 1981, vgl. Akten der Unteren Denkmalschutzbehörde, Landkreis Rostock, Güstrow

26 Die Gedenkplatte wurde zwischenzeitlich durch eine modernere Fassung ausgetauscht.

27 Bestandszeichnung Brunnenhaus, Bl.1, Lutz Elbrecht im Juli 1980, vgl. Akten der UDB, Landkreis LRO, Güstrow

28 Der Teich im Vorfeld des Quellenhauses ist bereits auf dem Bestandsplan vom Juli 1980 nicht mehr erkennbar, vgl. Situationsplan von Lutz Elbrecht, Bl.2, vgl. Akten der UDB, Landkreis LRO, Güstrow

29 Vgl. Krause, A. & Sens, I. (2007): 1908-2008: 100 Jahre Glashäger Mineralquelle: Chronik der Glashäger Brunnen GmbH, Bad Doberan. Rostock: ß Verlag & Medien. S.97

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